1913 stellte Marcel Duchamp sich die Frage :
Kann man Werke schaffen, die keine Kunst-Werke sind ?
Die acht Jahre Arbeit an dem Werk Das Große Glas, 1915-1923,
es steht im Philadelphia Museum of Art, kann als Versuch angesehen werden,
diese Frage zu beantworten. Wenn Das Große Glas auch nicht im entferntesten
als das berühmteste Kunstwerk des zwanzigsten Jahrhunderts gelten kann, so
ist es vielleicht doch das prophetischste, zusammen mit den Ready-mades,
die in so engem Zusammenhang mit seiner Entwicklung standen.
Ein Flaschentrockner, eine Schneeschaufel und andere industriell
hergestellte Gegenstände, erhob Duchamp einfach dadurch in den Status
von Kunstwerken, daß er sie auswählte und signierte.
Das Große Glas gehört zu den Urquellen des konzeptuellen Ansatzes,
der die westliche Kunst in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts
schließlich dominieren sollte, ein Ansatz, der die Kunst als in erster Linie
mentalen und weniger als schlicht visuellen Akt definiert.
In den Jahren seit seinem Tod 1968 entwickelte sich Duchamps Geltung
als Vorläufer der Konzeptkunst wie auch der Pop-art, der Minimal Art,
der Performance-Kunst, der Kinetic Art, der Anti-Form und der
Multimedia-Kunst sowie praktisch jeder postmodernen Tendenz;
es zeigt sich, daß der große anti-retinale Denker, der vermeintlich
die Kunst zugunsten des Schachspielens aufgab, tatsächlich eine
dauerhaftere und weiterreichende Wirkung auf die Kunst unserer Zeit
gehabt hat als Picasso oder Matisse gleichermaßen.
Er gab die Malerei niemals wirklich auf, wie die Legende weismachen will;
wann immer ihn jemand danach fragte, erklärte er, daß ihm an einem
bestimmten Punkt seiner Laufbahn einfach die Ideen ausgegangen seien
und daß er keine Lust habe, sich zu wiederholen.
Zugleich jedoch breiteten sich die Ideen, die von Duchamp in die Welt
gesetzt wurden, in aller Ruhe unter jüngeren Künstlern, Musikern, Tänzern,
Schriftstellern und Performern aus.
Er spielte mit Worten, jonglierte mit einer Vielfalt von Wortsinn und Un-Sinn
und fand seine Freude an ihrer "unentschiedenen Vereinigung".
Immer wieder entsteht in Duchamps Notizen der fröhliche Eindruck eines
Geistes, der sich von allen Beschränkungen losgerissen hat - ein Geist, der
mit einem selbstentworfenen Spiel befaßt ist, dessen Abschluß unendlich
aufgeschoben wird.
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